Ungesund, irgendwie aus der Zeit gefallen und immer unpopulärer: Zigaretten sind wie ein 80er Jahre Bösewicht zum Inhalieren.
Einst Symbol für Freiheit, Selbstbestimmung und den Free-Spirit-Lifestyle sind Tabakwaren mittlerweile tiefer gefallen als ein berühmter Ruhrpott-Fußballklub.
Die absolute Herausforderung für jeden Texter: Tabakwerbung
Immer strengere Vorschriften und Verbote zwingen die Konzerne und Unternehmen zum Umdenken. Werbung, Werbetexte und Marketingaktionen müssen sich hierauf einstellen.
Auch wenn ich seit 2006 fröhlicher Nichtraucher bin, so faszinieren mich Tabakwerbung und -marketing weiterhin. Sie gehören für mich zu einem der spannendsten Copywriting Gebiete überhaupt.
Der Grund: Kaum eine andere Branche (außer Rüstungsfirmen, aber für die gibts keine Werbung) muss sich in einem so werbefeindlichen Umfeld behaupten.
Daher werde ich in diesem Werbetexter Blogbeitrag die Herausforderungen klassischer Werbung für die Tabak-Stengel aufzeigen - und kläre anschließend, wie Unternehmen trotz Werbeverboten kreativ neue Zielgruppen erschließen könnten.
Quasi als kleine „Imagination-Case-Study“.
Ja das waren noch Zeiten, als Zigarettenwerbung noch alles zeigen durfte. Starke Bilder, große Versprechen und richtig gute Werbetexte erfreuten die Raucher von damals.
Unvergessen die von Leo Burnett entwickelte „Marlboro Country“ Kampagne mit dem berühmten Cowboy. Oder die lockere und freizügige „Parisienne Verde“ Kampagne, die auf mutige und humorvolle Art das Lebensgefühl der Franzosen bewarb.
Egal, wie man (die Kippe) dreht: Fast alle Marken leben aktuell vor allem von früheren Images. Der Markenkern und die Positionierung sind noch tief im kollektiven Gedächtnis verankert.
Das Problem: Mit der Zeit gehen auch diese Werbe-Erinnerungen einmal verloren.
Und genau das stellt die Markenverantwortlichen vor große Herausforderungen.
Die große Frage lautet nämlich:
„Wie können Images trotz Werbeverbote gepflegt und bewahrt werden?“
Kleiner Insight zum Thema Markenführung: Ein besonders spannendes Beispiel für Images ist Camel. War die Marke in den 80er Jahren Sinnbild für „coole“ Zigaretten und Abenteuer, verwässerten unzählige - sich teils widersprechende - Kampagnen das Bild.
Wie es dazu kam, werde ich aber bald in einem eigenen Artikel beleuchten.
Als Texter in Freiburg weiß ich, wie wichtig ein attraktives Versprechen für Zielgruppen ist - unabhängig vom Produkt.
Es ist die Eintrittskarte für die Aufmerksamkeit der potentiellen Kunden.
Der Grund: Neben dem Image geht es Konsumenten vor allem darum, was eine Marke für sie „tun“ kann.
Das mag auf den ersten Blick komisch erscheinen, ist aber völlig logisch. Wir alle sind in der Wahl der Produkte und Dienstleistungen egoistisch - ausnahmslos.
Wir wollen den besten Outcome. Und das am besten sofort. Und genau hier kommt das Produktversprechen ins Spiel.
Wichtig ist aber: Jedes Produktversprechen muss glaubwürdig sein.
Werbetreibende haben es bei Zigaretten schwer. Dennoch gibt es Berührungspunkte mit der Zielgruppe, die noch nicht verboten sind.
Was ich damit meine? Nun, wir könnten an folgenden Punkten ansetzen:
#1 Am Inhalt der Packung
Der Inhalt der von Zigarettenschachteln könnte aktiv genutzt werden. Indem Marken beispielsweise kleine Beipackzettel mit Informationen zum Produkt (Fokus auf Qualität und Herkunft) beifügen, kann der erste Schritt zu einer Imagevertiefung erfolgen.
#2 An den Sales Points
Am Kiosk, im Tabakladen oder im E-Dampfer Flagshipstore: Überall bieten sich Berührungspunkte mit Rauchenden. Die Frage ist, wie man als Marke eine Beziehung zur Zielgruppe aufbauen und pflegen kann.
Hier bieten sich, je nach Regulierung verschiedene Optionen an.
Vom Gewinnspiel über attraktive Infomagazine (Lifestyle mit Mode, Reisen, Autos und Zielgruppen-Themen) bis hin zum digitalen Newsletter gibt es noch Möglichkeiten, um die Konsumenten persönlich zu erreichen.
#3 Paradoxe Interventionen und Außergewöhnliches
Niemand würde von einer Zigaretten-Marke erwarten, dass sie Gesundheitstipps gibt. Oder beim Aufhören helfen möchte.
Gerade deshalb ist dieser Ansatz so mächtig.
Beispiel gefälligst? Aber gerne!
Durch den Fokus auf ein „bewussteres Rauchen“ (weniger, dafür achtsamer und mit besserem Tabak) könnte effektiv am Image gearbeitet werden.
Egal, ob via App, mit der Infomappe oder als QR-Code mit Link zur Unternehmensseite: Es gäbe viele Hebel, um die Marke als verantwortungsvolles Unternehmen positiv zu positionieren.
Das Ziel wäre, glaubhaft zu vermitteln, dass der hochwertige Tabak genauso genußvoll konsumiert werden kann wie ein edler Wein oder Whiskey.
Das Geniale daran: Raucher von Marke XYZ würden sich als achtsame Genießer und nicht als willenlose Süchtige, die ihre Seele für einen Glimmstängel verkaufen, erleben.
Das magische Zauberwort heißt hier: Selbstwirksamkeit!
Der Vorteil: Es gäbe eine sehr wirksame und attraktive Abgrenzung zu anderen Marken und Konsumenten.
Stichwort: Emotionale Aufladung der Produkte bei gleichzeitiger Aufwertung der Konsumenten.
Seit 2022 ist Plakatwerbung für Zigaretten verboten. Daher weichen immer mehr Marken auf das Internet zurück. Dies ist nachvollziehbar, hat jedoch auch seine Tücken. Denn auch online gilt das Werbeverbot.
Mit Gewinnspielen und Preisausschreiben versuchen die Marken Konsumenten zu erreichen - mit teils fragwürdigen Methoden.
Das Problem: Auch hier verkommt Werbung zu einem Eierlauf.
Marken sollten sich darauf fokussieren, was sie groß gemacht hat:
Attraktive Images und Geschichten.
Ein gesundes Image (etwas sarkastisch in diesem Kontext, ich weiß) ist der beste Garant dafür, dass Kunden einer Marke selbst bei Preiserhöhungen die Treue halten.
Nun gut, ich bin nicht naiv. Ich weiß sehr gut, dass dies auf die „alte Tour“ (Verbote) nicht gehen wird. Daher braucht es einen intelligenten Mix an Methoden, um das Image aufzubauen.
Auch wenn der Markt preissensibel ist, sollten sich Unternehmen nicht nur auf den Preis fokussieren.
Der Grund: Irgendjemand ist immer billiger und man findet sich recht schnell in einem Teufelskreis aus Preisdruck und -anpassung wieder.
Und ganz ehrlich: Wer möchte im Supermarktregal als Billiganbieter neben den „seelenlosen“ Hausmarken der Einkaufsketten liegen? Niemand!
Ich höre schon die Einwände:
So wie nicht jeder ein Astronaut werden kann, können nicht alle Marken auch Premium werden. Das stimmt.
Doch für manche Unternehmen bietet sich hier dennoch eine wunderbare Gelegenheit.
Warum rate ich angesichts des Preiskampfs zu einer so gewagten Positionierung?
Nun, ein Premium-Produkt lebt von der „Verknappung“ und seinem hohen Preis.
Der im Vergleich zum Wettbewerb deutlich höhere Preis ist sogar Part des Produktversprechens. Der andere Part wäre die besondere „Beschaffenheit“.
Als Werbetexter braucht es nun nur noch das nötige „Rüstzeug“, um das Versprechen glaubwürdig und authentisch mit Storytelling zu untermauern.
Wie können wir Premium „designen“ ?
Das Premiumversprechen kann beispielsweise durch den Fokus auf ein spezielles Herstellungsverfahren erfolgen.
Hier könnte die innovative Verarbeitungsmethoden (z.B. bei der Fermentation) als argumentative Hilfe für die Positionierung verwendet werden.
Auch der Anbau, die Wahl der Pflanzen oder der Hinweis auf eine spezielle Nachveredelung nach dem Ernten und Trocknen könnten gute Ansatzpunkte sein.
Wichtig ist, dass alle Schritte glaubwürdig und authentisch bewiesen werden können. Stichwort: Proof.
Learning: Eine Premiumpositionierung kann vor allem durch eine besondere Alleinstellung erreicht werden.
Werbung, Werbetexte und Markenkommunikation müssen diese glaubhaft begründen.
Auch wenn viele frühere Werbemöglichkeiten aufgrund von strengen Gesetzen nicht mehr zur Verfügung stehen, so können wir doch auf das Storytelling setzen.
Stories zur Unternehmensgeschichte und vor allem zur Qualität der Marke können geschickt in die Werbetexte verwoben werden.
Das Ziel ist, die Marke zum „Spiegel“ der Zielgruppenpersönlichkeit werden zu lassen.
Marken wie Lucky Strike, Marlboro oder die für ihren unverwechselbaren Flügelhelm bekannten französischen Gauloises haben dies schon früh geschafft.
Sie verkaufen ein Image. Nun geht es darum, dieses durch gute Geschichten langfristig zu etablieren.
Dies ist die Gretchenfrage für jeden Texter und Creative Director.
Die Antwort: Es hängt von der Positionierung und der Zielgruppe ab.
Möchten wir junge und aktive Menschen ansprechen?
Oder doch lieber erfolgreiche Frauen?
Vielleicht sogar moderne und gesundheitsorientierte (ein kleiner Widerspruch) Großstädter?
Unabhängig davon, wer angesprochen werden soll, würde ich als Texter auf folgende Schwerpunkte setzen:
#1 Storytelling:
Es lohnt sich, Geschichten zu erzählen, die für Freiheit, Individualität und die Besonderheit der Marke stehen.
Der Grund: Dieses Image schmeichelt Zielgruppen. Das Storytelling unterstreicht anschließend die Einzigartigkeit der Marke.
#2 Persönliche Beziehungen pflegen:
Hier geht es ans Eingemachte: Der persönliche Kontakt zur Zielgruppe ist Kundenbindung par excellence.
Doch wie gelangen wir an die Kontakte?
Nun, hier bieten sich uns gleich mehrere Möglichkeiten an:
Möglichkeit 1: Zielgruppen zu Akteuren der Marke machen.
Beispiel: „Designe dein persönliches Tabak-Case auf unserer HOMEPAGE-LINK und lasse es dir kostenfrei nach Hause liefern."
Möglichkeit 2: Klassische Preisausschreiben.
Beispiel: „Sage uns, was du am meisten an XYZ liebst und gewinne
"12 Monate kostenfreies Rauchen.“ *
Möglichkeit 3: Paradox aber gut - Gesundheitstipps:
Beispiel: „Du willst weniger, dafür aber bewusster rauchen?
"Wir zeigen dir, wie’s geht. Unter HOMEPAGE Link findest du heraus, wie du endlich wieder richtig genußvoll ..."
Machen wir uns nichts vor: Die Vorschriften für Tabakwerbung werden von Jahr zu Jahr strenger.
Somit ist der Spielraum für Werber und Texter immer begrenzter. Gerade deshalb braucht es neue - regelkonforme -Möglichkeiten, um Zielgruppen zu erreichen.
Die aus meiner Sicht vielversprechendsten möchte ich hier vorstellen:
Die Grundidee: Mach dich nützlich für deine Zielgruppen und bereichere ihr Leben.
Was meine ich damit?
Ganz einfach, den Angriff nach vorne!
Indem man das tut, was bei einem Tabakunternehmen niemand glauben würde - die Zielgruppe zum selteneren Rauchen zu animieren.
Klingt zunächst seltsam, aber ich erkläre es dir:
Gerade als Tabakhersteller könnte der Fokus darauf liegen, die Menschen beim achtsameren Rauchen zu unterstützen.
Eine „Wir begleiten dich“ Kampagne, in der das Unternehmen gesunde Alternativen zum ständigen Rauchen („Musst du wirklich jede Pause eine rauchen?“) vorschlägt, würde das Image massiv aufwerten.
Der Grund:
Es ist kein Geheimnis, dass viele Raucher gerne weniger rauchen möchten. Gerade deshalb liegt hier ein wunderbarer Hebel, um sich als Marke wertvoll und hilfreich für die eigenen Zielgruppen zu positionieren.
Eine eigene App. Einfach so.
Warum?
Weil es eine wunderbare Gelegenheit ist, Zielgruppen dauerhaft an sich zu binden.
Ok, und wie könnte sie aussehen?
Praktisch, visuell ansprechend und im Look der Sozialen Medien.
In der App könnten Raucher Tipps rund ums Aufhören, Gesundheit, Lifestyle als auch Vorschläge zum achtsameren Rauchen bekommen.
Sie könnten dank der App Produkte vergünstigt erhalten, früher an neue Produktlinien kommen und so einen direkten Draht zur Marke halten.
Eine weitere Überlegung könnte eine "So kompensierst du dein Rauchen-Funktion" sein. In dieser würde die App den Rauchern entsprechend ihres Konsums Sportübungen und -ideen vorschlagen, um mögliche Gesundheitsschäden zumindest etwas zu reduzieren. Stichwort: Gutes Gewissen.
Die Grundidee: Wer im "Kosmos" der App unterwegs ist und Vorteile generiert, wird deutlich seltener auf andere Marken umsteigen.
Iqos (Philip Morris) hat es erfolgreich vorgemacht: Mit der E-Zigarette geht das Unternehmen einen völlig neuen Weg und setzt voll auf gesundheitsbewusstere Raucher.
Ein cooles Design, ansprechende Werbung und der Fokus auf die deutlich geringeren Schadstoffwerte passen zum Zeitgeist.
Dank Flagshipstores können sich Texte, Marketing und Positionierung voll entfalten.
Unternehmen, die ihren Kunden Alternativen zur klassischen Zigarette anbieten können, werden in Zukunft deutlich bessere Chancen haben, sich im strenger regulierten Markt zu behaupten.
Die Grundidee: Das Produkt wird in eine emotionale Erlebniswelt (Bubble) eingebettet.
Machen wir uns nichts vor: Die Tabakbranche hat kein gutes Image. Daher wäre es wichtig, hier anzusetzen -und das bereits ab der Ernte.
Eine Marke, die sich aktiv, glaubhaft und nachhaltig für ihre Tabakbauern einsetzt, kann dies offen kommunizieren - und sich so aktiv vom Wettbewerb absetzen.
Wo könnte man ansetzen? Wie könnte man es kommunizieren?
An vielen Stellen: Zum Beispiel über eine faire Bezahlung, eine soziale Absicherung der Beschäftigten und durch eigene Schulen für die Kinder der Arbeiter.
Ziel müsste sein, die Marke als eine echte Option für „ein gutes Gewissen" zu etablieren. Raucher, die diese Marke wählen, machen damit ein Statement.
Sie werden Teil eines Projekts - Teil einer Idee.
Natürlich wäre die Marktanteil nicht riesig, aber es wäre eine gute Möglichkeit, um sich erfolgreich in einer Nische zu positionieren.
Die Grundidee: Man verkauft nicht einfach nur Tabak - man verkauft eine Philosophie und macht die Zielgruppen so zu Akteuren, die den guten Zweck supporten.
Tabakwerbung ist für Markenverantwortliche ein sehr schwieriges Unterfangen. Nicht nur moralisch kann es bedenklich sein, auch die immer strengeren Vorschriften schränken sehr viele Optionen ein.
Beziehungspflege und der Fokus auf die Themen der Zielgruppe sind die einzigen wirksamen Mechanismen. Wichtig: Sie müssen authentisch und ehrlich vermittelt werden.
Als Texter in Freiburg würde ich versuchen, Zielgruppen emotional zu erreichen. Wichtig ist aber, den Zugang zu ihnen zu bekommen.
Hier braucht es daher zuerst einen für die Raucher attraktiven „Hebel“.
Danach bieten sich Newsletter und die bereits oben genannte Marken-App besonders gut an, um die Beziehung zur Zielgruppe zu pflegen.
Auch wenn ich einiges an Zeit in diesen Beitrag investiert habe: Ich arbeite weder in der Tabakbranche, noch mache ich dafür Werbung.
Es ging mir lediglich darum, auszuloten, wie Werbende in diesem schwierigen Umfeld überhaupt noch Werbetexte und Werbung machen könnten.
Du hast Fragen, Anmerkungen oder Ideen zu diesem Beitrag?
Great! Lasse es mich und die Leser wissen.
Ich freue mich.